Übung 1 – Gefühle und Empfindungen schildern
Gehe sanft mit dir um: Für den Anfang suche dir bitte ein Ereignis aus, das dich zwar unangenehm berührt, aber keines, das dein gesamtes Leben auf den Kopf gestellt hat. Mit solchen kannst du dich später befassen.
Nun nimm dir bitte ein Blatt Papier und schildere nicht nur das Ereignis, sondern vor allem die Gefühle und Empfindungen, die dieses Ereignis begleitet haben. Achte darauf, ob und wie sie sich im Verlaufe des Ereignisses verändert haben. Haben sie sich gesteigert? Sind sie schwächer geworden?
Schreibe mindestens eine halbe Seite – maximal so lange, bis du das Gefühl hast, dass du alles Wichtige dazu gesagt hast. Wie geht es dir jetzt?
Übung 2 – Die Ereignisse neu betrachten
Denke an eine belastende Situation oder ein Ereignis, das dein Leben bis heute beeinflusst. Versuche, es schreibend zu verändern und umzudeuten, indem du:
1. Die Situation aus einer anderen Perspektive schilderst und versuchst, dich in die Sichtweise anderer Personen hineinzuversetzen.
2. Die Situation neu bewertest und mögliche positive Aspekte erkennst.
3. Die Situation veränderst und alternative Handlungsweisen erdenkst. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Dieser Schreibprozess ermöglicht es, das Erlebte neu zu verstehen und aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Es kann helfen, negative Emotionen und Überzeugungen zu überwinden und neue Handlungsmöglichkeiten für die Zukunft zu entwickeln. Vielleicht verstehst du auch, dass du unter den Gesamtumständen in der Vergangenheit – mit dem Wissen, das du damals hattest – gar keine andere Möglichkeit hattest, als so zu handeln, wie du es getan hast. Das hilft, dich von Schuld- und Schamgefühlen zu befreien. In der Zukunft, solltest du einmal vor einer ähnlichen Situation stehen – wirst du nun auf eine ganz andere Art und Weise reagieren können. Das ist ein positives Resultat aus der Erfahrung, die du damals gemacht hast.
Übung 3 – Ereignisse abschließen
Hier geht es darum, Frieden mit Ereignissen zu schließen, an deren Ausgang in der Realität nichts mehr verändert werden kann.
Was müsste passieren, damit du Frieden schließen kannst? Stelle dir die Situation so vor, als wäre sie so eingetreten. Schildere sie in der dritten Person mit allen Sinnen: Was siehst die Hauptfigur, was hört sie, was fühlt sie, was riecht sie, was schmeckt sie? Schreibe eine Geschichte in der dein Protagonist oder deine Protagonistin ihren Gefühlen und Bedürfnissen freien Lauf lässt und dabei eine Wandlung durchläuft: Lasse ihn Rache üben, ihn verzeihen, einen Krieg vom Zaun brechen, um Vergebung bitten oder ein Gerichtsverfahren gewinnen.
Hierbei handelt es sich um eine Technik aus der Motivationspsychologie. Wie geht es dir damit?
Gib mir gern im Kommentar ein Feedback darüber, wie es dir nach den ersten Übungen geht. Hat sich etwas verändert? Wie fühlst du dich jetzt?
Ich muss gestehen, dass ich diese Übungen, als ich sie das erste Mal sah, etwas belächelt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie etwas verändern sollten. Am selben Tag habe ich elf Seiten geschrieben und eine neue Perspektive gewonnen, die mir zuvor völlig verschlossen war. Insbesondere die letzte Übung hatte es in sich. Ich steckte in einem so tiefen Konflikt, dass ich mir niemals vorstellen konnte, dass auch nur irgendetwas helfen würde, Frieden zu schließen mit dem Täter, der es mit einer unglaublichen Schädigungsabsicht auf meine Selbstachtung und alles, was mir wichtig war, abgesehen hatte. Die schlimmsten Rachephantasien reichten nicht aus, um meine Wut zu kühlen. Ich brauchte eine Zeit lang, bis ich mich an die Übung setzen konnte. Ließ meine Protagonistin jammern, wüten, sich selbst bedauern. Bis ich den Schlüssel fand. Es war eine Überraschung, das kann ich verraten. Und die Lösung war all die Zeit bereits dagewesen. In meinem Unterbewusstsein. Ich brauchte den Schlüssel nur zu finden und es wurde alles ganz einfach…